Irrtum: MS sei vererbbar

AMSEL räumt auf mit den Irrtümern und Vorurteilen über MS. Heute das Thema: Multiple Sklerose sei vererbbar.

Vorab: Es gibt – heutiger Stand der Wissenschaft – nicht das eine “MS-Gen”. Multiple Sklerose beruht nicht auf einem Gendefekt, deshalb fällt sie nicht unter die Definition der klassischen Erbkrankheit. Trotzdem tritt in manchen Familien MS gehäuft auf, ein Hinweis darauf, dass Erbfaktoren eine gewisse Rolle spielen. Man spricht auch von einer genetischen Vorbelastung.

Vererbt wird allerdings offenbar eine Veranlagung: So liegt das Erkrankungsrisiko eines Kindes mit einem MS-betroffenen Elternteil bei 2 bis 3 %. Heißt im Umkehrschluss: Die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind keine Multiple Sklerose entwickelt, liegt bei 97 bis 98 %. Zum Vergleich: Das MS-Risiko der Gesamtbevölkerung liegt bei 0,1 bis 0,2 %. MS ist also eine vergleichsweise seltene Erkrankung.

 

MS als multifaktorielle Erkrankung

Der eineiige Zwilling eines MS-Erkrankten, der exakt dieselben Gene trägt, hat ein circa 25 %iges Risiko, ebenfalls an MS zu erkranken. Das bedeutet, die Genetik ist zu 25 % ursächlich für den Ausbruch der Krankheit. 75 % der Einflussfaktoren sind in anderen Bereichen zu suchen. Man spricht hier von “Umweltfaktoren” und meint damit Faktoren, die unabhängig von der Vererbung hinzukommen.

Unter Verdacht stehen dabei eine Infektionskrankheit mit dem Eppstein-Barr-Virus in der Jugend (“EBV” ist der Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers) und bestimmte Herpes-Viren. Wobei nicht gesichert ist, ob nicht auch andere Virusinfekte den Anlass für das spätere Ausbrechen der Krankheit geben könnte.

Außerdem gibt es regionale und ethnische Unterschiede in der Häufigkeit des Auftretens: Forschungsergebnisse zeigen, dass MS in Ländern in Äquatornähe und bei Menschen mit dunklerem Teint weniger häufig auftritt, das Erkrankungsrisiko mit höheren Breitengraden jedoch zunimmt. Dies führt zur Vermutung, dass der Vitamin D-Spiegel, der bei hoher Sonneneinstrahlung tendenziell steigt, das Risiko einer Multiplen Sklerose reduzieren kann. Interessant ist hier auch, dass viele MS-Betroffene unter Vitamin D-Mangel leiden. Wobei nicht geklärt ist, ob die MS den Vitamin D-Mangel verursacht oder umgekehrt der Vitaminmangel die MS mitverursacht.

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Mehrere Faktoren müssen zusammenkommen

Auch Ernährung und Darmflora sind möglicherweise an der Entstehung einer MS beteiligt. Raucher erkranken übrigens 1,5 mal häufiger an MS als Nichtraucher.

Fazit: Es gibt eine Vielzahl an Faktoren, die eine MS triggern können und vermutlich müssen erbliche Vorbelastung sowie Umweltfaktoren zusammenkommen, damit eine MS entsteht. Bis ins letzte Detail erforscht sind die komplexen Wirkmechanismen heute noch nicht. Der aktuelle Stand der Forschung legt nahe: Erbliche Disposition begünstigt eine MS, auslösen kann sie die Krankheit aber nicht alleine. Dazu müssen noch weitere kritische Faktoren präsent sein.

(Quelle Redaktion: AMSEL e.V., 04.03.2018)

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