Sturzprävention bei MS
Umfrage zu Stürzen und Sturzprävention bei Multipler Sklerose
Das Gleichgewicht wird durch drei Systeme reguliert,dem visuellen, vestibulären und somatosensorischen System. Mit ‚visuell‘ sind die Augen gemeint, mit ‚vestibulär‘ das Gleichgewichtsorgan im Innenohr und mit somatosensorisch ist die Empfindung/Wahrnehmung gemeint.
Die Empfindung/Wahrnehmung kann wiederum unterteilt werden in die Oberflächensensibilität, die den Tastsinn beschreibt, und die Tiefensensibilität, die die Eigenwahrnehmung des Körpers beschreibt. Ganz konkret geht es hier, im Fall der Gleichgewichtsregulierung, um das Gefühl unter den Füßen und, vereinfacht formuliert, um die Stellung von Gelenken sowie die Spannung bestimmter Muskeln (von Fuß, Knie, Wirbelsäule etc.).
Die Informationen der Augen, des Gleichgewichtsorgans, der Haut an der Fußsohle und den Gelenken/Muskeln werden über Nerven an das Gehirn weitergeleitet und dort im Kleinhirn und Hirnstamm ausgewertet. Nachdem die Information analysiert wurde, reagiert das Gehirn wieder über Nerven auf die Gleichgewichtsstörung und stimuliert bestimmte Muskeln, so dass das Gleichgewicht gehalten werden kann.
Wenn dieses Szenario mit Multipler Sklerose durchgespielt wird, wird schnell deutlich, an welchen Stellen Probleme entstehen können:
- Bei Multipler Sklerose können Nerven beschädigt sein, wodurch die Information, die im Gehirn ankommt, sei es von den Augen, dem Gleichgewichtsorgan oder den Füßen, falsch bzw. fehlend sein kann.
- Multiple Sklerose betrifft häufig das Kleinhirn, kann aber auch den Hirnstamm betreffen. In diesem Fall wären die Gehirnregionen, die das Gleichgewicht regulieren, beschädigt und könnten die Informationen nicht adäquat auswerten.
- Multiple Sklerose kann die Koordination beeinträchtigen oder einen Tremor verursachen. MS kann ebenfalls, wie schon erwähnt, zu Muskellähmungen oder Spastik führen. Hierdurch können Muskeln oft nicht schnell genug die Reaktions-strategie des Gehirns ausführen.
Neben dem gestörten Nervensystem, können bei Multipler Sklerose auch bestimmte Nebenwirkungen von Medikamenten das Sturzrisiko erhöhen. Ein Bespiel wären muskel-entspannende Medikamente, die zur Verminderung der Spastik verordnet werden.
Was bedeutet dies für Betroffene?
Sowohl das Training der verschiedenen Systeme als auch das Gleichgewicht als Gesamtes sollte im Therapieplan der Physiotherapie nicht fehlen. Dies wird unbedingt bei gestürzten Menschen mit Multipler Sklerose empfohlen, aber ist ebenso wichtig zur Vorbeugung von Stürzen. Sturzprävention, die aus weit mehr als einem simplen Gleichgewichtstraining besteht, ist essentiell, da Stürze zu ernsthaften Verletzungen, zu Angst vor weiteren Stürzen und noch mehr Gang-Unsicherheit führen können. Dies wiederum resultiert laut Studien in verminderter, körperlicher Aktivität, Verlust von Selbstständigkeit und verminderter, sozialer Teilnahme.
Wie ist die Situation in Deutschland?
Im Ausland existieren bereits zahlreiche Forschungsgruppen, die sowohl die Faktoren als auch die Effektivität möglicher Interventionen untersuchen. In Deutschland wurde bisher keine Erhebung oder Studie diesbezüglich durchgeführt.
Firat Kesgin befasst sich seit seinem Bachelor-Abschluss intensiv mit dem Thema „Gleichgewichtsorgan, Gleichgewicht und Sturzprophylaxe in der Neurologie“. Er ist Referent und Dozent für das Thema und unterrichtet deutschlandweit Physio- und Ergotherapeuten in diesem Bereich. „Gleichgewicht und Sturzprophylaxe“ ist bei der Multiplen Sklerose ein relevantes Thema. Stürze führen bei den Betroffenen zu ernsthaften Verletzungen. Die Angst vor weiteren Stürzen kann wiederum zu einer verminderten, körperlichen Aktivität führen. Vor diesem Hintergrund beschloss Firat Kesgin, mit Unterstützung von Prof. Dr. med. Christoph Heesen, eine Studie zu diesem Thema durchzuführen.
Mit Ihrer Teilnahme helfen Sie dabei, die Versorgungslage in Bezug auf Hilfen zur Sturzprävention für Menschen mit Multipler Sklerose in Deutschland zu ermitteln und Defizite aufzudecken.
Die Umfrage richtet sich an Menschen mit diagnostizierter MS, die:
mindestens 18 Jahre alt sind und in den letzten 6 Monaten mindestens einmal gestürzt sind, beinahe gestürzt sind oder sich für sturzgefährdet halten.
(Quelle: Firat Kesgin, DMSG-Bundesverband – 21.03.2018
– 21.03.2018)