Pseudoschub

Pseudoschub durch extreme Sommerhitze: Uhthoff-Phänomen kann Multiple Sklerose-Erkrankte belasten

Für Menschen mit Multipler Sklerose sind die andauernd hohen Temperaturen nicht immer ein Grund zur Freude. Ihre Symptome können sich verstärken. Sie fühlen sich schlapper, müder und klagen über eine Verschlechterung ihrer Sehstörungen oder ihrer motorischen Fähigkeiten. Was tun?

Die Zusammenhänge erklärt Prof. Dr. med. Tjalf Ziemssen, Direktor am Multiple Sklerose Zentrum am Zentrum für klinische Neurowissenschaften am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus und Mitglied im Ärztlichen Beirat der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V.: „Das hängt mit den Folgen der Multiplen Sklerose als entzündliche Erkrankung des Gehirns und des Rückenmarks zusammen. Dort bilden sich nach Abheilen der aufgetretenen Entzündungsherde Narben im Bereich der Nervenfasern, die bei Erhöhung der Körpertemperatur schlechter die Informationen weiterleiten können und somit zum Wiederauftreten von Beschwerden führen können.“ Daher reagiert der MS-Patient auf Hitze mit einer deutlichen Verstärkung schon vorhandener Beschwerden, dies ist aber kein Krankheitsschub im eigentlichen Sinne, sondern ein sogenannter Pseudoschub, der auch als Uhthoff-Phänomen beschrieben ist.

Als Uhthoff-Phänomen wird die vorübergehende Verschlechterung von MS-Beschwerden bei einer Erhöhung der Körpertemperatur zum Beispiel bei Fieber oder erhöhter Umgebungstemperatur bezeichnet. Betroffen sind mehr als 80 Prozent der an MS-Erkrankten. Als Ursache wird eine temperaturbedingte Verschlechterung der Leitfähigkeit geschädigter Nervenfasern im Gehirn und Rückenmark angenommen. Das Phänomen wurde erstmals vom deutschen Augenarzt Wilhelm Uhthoff (1853-1927) beschrieben.

 

Was kann helfen?

Die Prophylaxe besteht in der Vermeidung erheblicher körperlicher Anstrengung sowie in der Vermeidung von Umständen, die die Körpertemperatur erhöhen. Die Beschwerden können auch durch das Tragen von Kühl-Kleidung, wie Kühl-Westen, Kühl-Hauben und Kühl-Strümpfen begrenzt werden. Die Alternative ist dann die einfache Schüssel mit kaltem Wasser, in die Füße und Arme getaucht werden können. Wichtig ist auch für MS-Patienten, dass sie möglichst viel trinken, um einem Flüssigkeitsverlust vorzubeugen, der zusätzlich die Beschwerden verschlimmern kann. Am besten geeignet ist hierzu Wasser.

„Leider gibt es im Bereich der Multiplen Sklerose immer noch viele Mythen und Gerüchte, die den Patienten einschränken“, sagt Prof. Tjalf Ziemssen. „So wird zum Beispiel berichtet, dass MS-Patienten aufgrund der Hitzeempfindlichkeit nicht in die Sauna gehen können.“ Dies ist als allgemeiner Grundsatz nicht richtig, viele Patienten profitieren von der Sauna. Bezüglich der Hitzeempfindlichkeit ist es interessant, dass es vor mehreren Jahrzehnten den sogenannten Heißbadtest gab. Dieser sollte dazu dienen, die Krankheit bei fraglichen MS-Patienten festzustellen. Dieser Test wird aufgrund von schweren Nebenwirkungen seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr durchgeführt. „Man sieht daran, wie wichtig es ist, bei Diagnostik und Therapie uptodate zu sein“, sagt der Experte.

 

(Quelle: PM vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden)

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