MS durch Ernährung positiv beeinflussen?

Lässt sich die Multiple Sklerose durch Ernährung positiv beeinflussen?

Eine Studie vom NeuroCure Clinical Research Center der Charité Universitätsmedizin Berlin und dem Immanuel Krankenhaus geht dieser Frage nach und sucht noch Teilnehmer mit schubförmig-remittierender Multipler Sklerose.

Ketogen, vegetarisch oder intermittierendes Fasten: Erfahrungswerte und erste Studien mit verschiedenen Ernährungskonzepten deuten darauf hin, dass spezifische Ernährungsformen positiv auf den Krankheitsverlauf einwirken können. Das Berliner Forscherteam unter der Leitung von Prof. Dr. med. Andreas Michalsen und Prof. Dr. med. Friedmann Paul untersucht, ob es Unterschiede in der Wirksamkeit der Ernährungsformen gibt in Bezug auf das Neu-Auftreten von Läsionen im Gehirn, aber auch hinsichtlich der körperlichen Beeinträchtigung, der Schubrate, der Lebensqualität, der Blutfette, der Darmflora und weiterer Parameter.

Mehr verrät Prof. Dr. med. Andreas Michalsen, Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde im Immanuel Krankenhaus Berlin und Inhaber der Stiftungsprofessur für klinische Naturheilkunde am Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Charité-Universitätsmedizin Berlin im Interview mit dem DMSG-Bundesverband:

DMSG-Bundesverband: Welches Ziel verfolgt die NAMS-Studie (Nutritional Approaches in Multiple Sclerosis)?

  • Prof. Dr. med. Andreas Michalsen: Nach der Pilotstudie (IGEL-Studie), welche die Machbarkeit einer ketogenen Diät und Fastendiät untersucht hat, prüft nun die größere NAMS-Studie die Wirksamkeit dieser Diäten. Vor allem die speziellen Ernährungsansätze des Heilfastens und der ketogenen Diät stehen im Fokus.
    Die Igel-Studie ergab bereits gute Hinweise, dass über diese Ernährungsformen ein gewisser Einfluss zu nehmen ist. Eine Verbesserung der Blutfette und der Lebensqualität konnte gezeigt werden, nach sechsmonatiger Ernährungsintervention. Die NAMS-Studie hat das MRT als Endpunkt und ist mit einer Studiendauer von 18 Monaten und einer geplanten Patientenzahl von 111, deutlich größer ausgelegt.

Welche Ernährungskonzepte werden untersucht?

  • Prof. Michalsen: Wir untersuchen drei unterschiedliche Ernährungsformen:
  1. das Heilfasten kombiniert mit einem sogenannten Intervallfasten (tägliches Aussetzen von Nahrung für eine bestimmte Zeit)
  2. die sogenannte ketogene Diät als stark kohlenhydratreduzierte Diät und
  3. eine vegetarisch-betonte und fettmodifizierte Ernährung als allgemein gesunde Ernährungsform.

Wo liegen die Vor- und Nachteile auf Grundlage der bisherigen Forschungsergebnisse?

  • Prof. Michalsen: Die aktuellen Forschungsergebnisse legen nahe, dass die Erkrankung durch Ernährung beeinflusst werden kann. Von einem Vorteil kann man jedoch noch nicht sprechen, höchstens von einem möglichen Vorteil. Es wäre neben Medikamenten eine zusätzliche, nebenwirkungsarme Option, die MS zu behandeln bzw. die Basistherapie zu unterstützen. Therapiemöglichkeiten sind bei MS gerade noch sehr begrenzt, haben Nebenwirkungen und wirken individuell unterschiedlich. Die besonderen Anforderungen seine Ernährung dauerhaft umzustellen, stellt dabei die größte Herausforderung dar. Probleme ergeben sich manchmal auch im sozialen Kontext – weil die Ernährung nicht nur hinsichtlich Gesundheit und Krankheit eine Rolle spielt, sondern auch Gewohnheit und Genuss bedeutet. Es ist schwieriger und erfordert mehr Disziplin, einer besonderen Diät zu folgen, als beispielsweise eine Tablette zu nehmen. Jedoch könnte sich die Ernährungsumstellung lohnen. Es gibt kaum nennenswerte Risiken beim Fasten und der ketogenen Diät. Höchstens leichte unerwünschte Effekte, wie z.B. Mundgeruch durch die Bildung der Ketonkörper bei der ketogenen Diät und Kopfschmerzen sowie leichter Schwindel beim Fasten – erfahrungsgemäß sprechen wir aber eher von leichten Beschwerde-Intensitäten.

Was lässt sich durch eine Ernährungsumstellung bewirken?

  • Prof. Michalsen: Möglicherweise lässt sich eine Verbesserung der Krankheitssituation erreichen. Erfahrungsberichte einzelner Patienten zeigen erste Verbesserungen der Fatigue und Gehschwierigkeiten seit Beginn der Ernährungsinterventionen.

Welche Lebensmittel sollte man meiden?

  • Prof. Michalsen: Grundsätzlich sollten industriell verarbeitete Lebensmittel und Fertigprodukte gemieden werden. Diese haben einen hohen Salzgehalt, enthalten Industriezucker und teilweise Transfette. Gemüse, Obst und Gewürze sollte vermehrt verzehrt werden.

Macht es Sinn, Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen – zum Beispiel Vitamin D-Präparate? Und falls ja, in welcher Dosierung?

  • Prof. Michalsen: Grundsätzlich spricht nicht mehr viel für eine Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln. Bisherige Studien zeigten meist enttäuschende Ergebnisse. Vitamin D bildet eine mögliche Ausnahme. Viele Patienten haben niedrige Vitamin D-Spiegel und diese treten oft in Zusammenhang mit einem erhöhten Schub-Risiko auf. Ob Vitamin D in therapeutischer Hochdosis empfohlen werden kann, ist Gegenstand der aktuellen Forschung und wird noch diskutiert. Grundsätzlich sollte eine Supplementierung nur nach vorheriger Bestimmung des Vitamin D -Spiegels erfolgen, da Vitamin D überdosiert werden kann.

Wie bewerten Sie den Einfluss von Salz bei MS?

  • Prof. Michalsen: Salz kann einen ungünstigen Einfluss auf die Autoimmunität haben, dafür gibt es erste Hinweise. Dies ist jedoch noch nicht ausreichend belegt.

Eine anti-entzündliche Diät wirkt gegen Entzündungen bei MS, so die Annahme. Wo besteht der Zusammenhang?

  • Prof. Michalsen: Man weiß, dass bestimmte Ernährungsformen, wie das Fasten und die ketogene Diät anti-entzündliche Eigenschaften haben. In der Mediterranen Diät spielen zudem sekundäre Pflanzenstoffe und Polyphenole, die in Gemüse, Beerenfrüchten und Olivenöl beispielsweise enthalten sind, eine große Rolle. Auch Omega-3-Fettsäuren wirken entzündungshemmend.

Die nächste Kohorte Ihrer Studie startet im Frühjahr 2019. Welche Anforderungen müssen die Teilnehmer erfüllen?

  • Prof. Michalsen: Interessierte sollten eine gesicherte Diagnose der schubförmigen MS haben (RRMS) und außerdem eine gewisse Krankheitsaktivität nachweisen können. Diese wird nach unseren Einschlusskriterien definiert als mindestens eine neue Läsion im MRT oder einem Schub in den letzten zwei Jahren. Außerdem sollten Interessierte entweder eine konstante Basis-Therapie oder keine Basis-Therapie für mindestens sechs Monate haben.Teilnehmer gesucht

    Für weitere Informationen zur Studienteilnahme können sich Interessierte an die Studienmitarbeiter wenden:
    Lina Bahr: Lina.Bahr@charite.de oder
    Claudia Messelhäußer: Claudia.Messelhaeusser@charite.de

    (Quelle: DMSG-Bundesverband, Bild fotolia – 29.01.2019)

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert