Sommer mit MS

Endlich Sommer! Mit der Temperatur steigt die Laune – doch wir Menschen mit MS können gerade jetzt ein Saisontief erleben. So kommst Du gut durch die warme Jahreszeit.

Was bedeutet Wärmeintoleranz bei MS

Die Freude über die warme Jahreszeit können wir Menschen mit MS nicht so recht teilen, wenn Du unter Wärmeintoleranz leidest. Bei rund einem Drittel aller MS-Patienten kommt es wärmebedingt zu einem Aufflammen von Symptome , die auch bei voran gegangenen Schüben aufgetreten sind. Ein anderer Name für diese Verschlechterung der neurologischen Funktion ist Uhthoff-Phänomen – benannt nach dem deutschen Augenarzt Wilhelm Uhthoff, der dies 1892 zum ersten Mal beschrieb. Der Grund für die Verschlechterung ist rein physikalischer Natur: Bei Wärme verlangsamt sich die Weiterleitung der Signale an den Stellen, wo die Myelinschicht durch die MS beschädigt wurde. Die Entzündung selbst wird durch Wärme oder Hitze hingegen nicht angefacht. Beim Uhthoff-Phänomen ist die Verschlechterung der Symptomatik vorübergehend. Sobald der Körper abkühlt, verschwinden die Beschwerden innerhalb von einigen Minuten bis zu mehreren Stunden. Anders bei einem Schub: Hier treten in der Regel neue Symptome auf und dauern mindestens 48 Stunden an.

Erstes Gebot: Cool bleiben

Wir haben jemanden gefragt, der sich mit MS und den verschiedenen Symptomen bestens auskennt: Dominique Rabe arbeitet seit mehr als 23 Jahren mit und für Menschen mit MS. Die ehemalige MS- Schwester ist seit elf Jahren im Patientenservice bei Merck und bildet mittlerweile selbst MS-Schwestern aus. Aus ihrer Erfahrung weiß Dominique Rabe um die Sorgen und Ängste, die mit dem Uhthoff- Phänomen einhergehen: „Die Patienten ängstigen sich verständlicherweise, wenn sie durch Wärmeeinwirkung auf einmal nicht mehr gehen können. Doch die Symptome verschwinden, sobald sich der Körper abgekühlt hat. Wer Beschwerden hat, sollte ruhig bleiben, sich einen kühlen Ort suchen und abwarten.“

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Körperliche und kognitive Komponenten

Dauerhaft erschöpft, müde, energielos – so fühlen sich Patienten, die vom Fatigue-Syndrom betroffen sind. Vielleicht gehörst auch Du dazu und kämpfst regelmäßig mit Mattigkeit und Schwäche, die sich durch Belastung, Wärme oder im Tagesverlauf verstärken können.2 Dann geht es Dir wie 80 Prozent3 der Menschen mit MS: Sie alle werden durch ihre Antriebs- und Energielosigkeit immer wieder in ihrer geistigen aber auch körperlichen Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Und das meist täglich und über mehrere Stunden hinweg, wobei die Intensität der Erschöpfung meist zum Abend hin zunimmt.

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Fatigue besteht aus zwei Komponenten – einer eher körperlichen Erschöpfung und einer kognitiven. Bei den meisten Menschen mit MS zeigen sich beide Seiten der Fatigue. Allerdings variiert der Ausprägungsgrad. Das bedeutet, dass sich die Patienten entweder eher körperlich oder eher kognitiv erschöpft fühlen. Fatigue kann jederzeit bei MS in Erscheinung treten. Meist zeigt sich das Symptom bereits zu Krankheitsbeginn. Es kann bei allen Verlaufsformen von Multiple Sklerose auftreten und ist meist unabhängig davon, wie lang die MS bereits vorhanden und wie hoch der Behinderungsgrad ist.

Primäre vs. sekundäre Fatigue

Das Symptom kann in zwei verschiedenen Formen auftreten, so gibt es die primäre und sekundäre Fatigue. Die primäre Fatigue geht von der MS-Erkrankung selbst aus. Durch die Schädigung der Nervenzellen kommt es ohne Vorwarnung zu extremer Müdigkeit und Antriebslosigkeit. Von dem einen auf den anderen Moment kämpfen Betroffene mit Erschöpfung und das über mehrere Tage hinweg, ohne dass die Intensität dabei abnimmt.

Die sekundäre Fatigue geht im Gegensatz zur primären Fatigue nicht von der MS aus. Sie ist eine Reaktion auf andere Erkrankungen oder Abläufe im Körper und nicht gleichmäßig stark ausgeprägt. Das heißt, sie kann mal stärker und mal schwächer auftreten. Diese Form tritt oft in Kombination mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angstzuständen auf. Sie kann aber auch eine Reaktion auf Medikamente oder auf Störungen des Immunsystems sein.

Auch die Fatigue kann sich durch Hitze stärker bemerkbar machen. „Das kennen Menschen ohne MS ja genauso gut, dass sie bei extremer Wärme oder Hitze schneller erschöpft sind.“ Dominique Rabe rät in hitzigen Zeiten dazu, die täglichen To-Do-Listen auf einen Wochenplan umzuschichten: Damit bleibt man im Hinblick auf die individuelle Tagesform flexibel, mindert den Druck – und steigert das Selbstbewusstsein umso mehr, wenn am Ende der Woche dennoch die wichtigsten Punkte abgehakt werden konnten. 

Dominique Rabes Tipps für die warme Jahreszeit

  1. Raus aus der prallen Sonne, lieber ein schattiges Plätzchen suchen oder in klimatisierten Räumen aufhalten
  2. Falscher Ehrgeiz nützt niemandem, also Pausen einlegen
  3. Viel trinken – auf Alkohol weitestgehend verzichten, da er austrocknend wirkt
  4. Zwischendurch kühl abduschen oder auf erfrischende Arm- oder Fußbäder setzen
  5. Spezielle Kühlkleidung tragen, gibt es beispielsweise in Form von Westen oder Manschetten 

(Alles) Ausprobieren und auf die Signale des Körpers achten

Auf Verzicht setzt die Expertin dagegen nicht – im Gegenteil: „Bei MS gilt generell: Ausprobieren! Ich kann nur alle ermutigen vorsichtig zu testen, wonach immer ihnen ist. Der Körper signalisiert sehr zuverlässig, was geht und was nicht.“

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Du hast erst kürzlich die Diagnose MS bekommen? Dann kannst Du bereits vor dem Sommer testen, ob die Wärme bei Dir Beschwerden verursacht: „Ein vorsichtiger Saunabesuch kann Klarheit verschaffen, ob man die Wärme gut verträgt“, sagt Dominique Rabe. „Sicherheitshalber sollte man jedoch unbedingt eine Person seines Vertrauens mitnehmen.“

Wie alle Symptome der MS können sich auch wärmebedingte Beschwerden zu jedem Zeitpunkt der Erkrankung bemerkbar machen: „Uhthoff kann auch nach mehreren beschwerdefreien Sommern jederzeit auftreten – muss aber nicht“, betont sie. 

Das hilft außerdem bei Fatigue

Verteilung von Aufgaben: Damit Du trotz Fatigue all Deine Aufgaben schaffst, die Du Dir vorgenommen hast, ist es hilfreich, diese zu verteilen. Schwierige und komplexe Aufgaben erledigst Du am besten am Vormittag. Zu diesem Zeitpunkt hat man noch mehr Energie. Am Nachmittag stehen dann lieber leichtere Routineaufgaben – ohne Zeitdruck und mit der Möglichkeit, Pausen einlegen zu können – an

Achtsamkeitstraining:

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Beim Achtsamkeitstraining lernst Du in Form von verschiedenen Übungen, achtsamer mit Dir und Deinem Körper umzugehen. Dadurch minderst Du Stress und lernst, Dich besser auf Dich selbst zu konzentrieren.

Psychotherapie: Auch Psychotherapie kann helfen. Im Vordergrund stehen dabei vor allem die Aufklärung über das Fatigue-Symptom, mögliche Verhaltensänderungen, Konfliktverarbeitung und die Behandlung von Schlafstörungen. 

Kühlschutz für die Medikation

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Was Du bei heißen Temperaturen unbedingt im Blick behalten solltest: Viele MS-Medikamente erfordern Kühlung oder dürfen lediglich bei Zimmertemperatur bis 25 Grad gelagert werden. Im Hochsommer klettern die Temperaturen auch hierzulande darüber – die korrekte Lagerung der Medikation muss dennoch sichergestellt werden. Dies gilt insbesondere auf Reisen.

(Quellen: leben-mit-ms, MERK, Dominique Rabe)

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